Sind wir als Volkswirtschaft zu passiv und bequem geworden?
Nein2Five
70% der Amerikaner haben laut einer neuen Statistik einen Side Hustle. Und bei uns? Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber unsere Vermutung liegt bei vielleicht 10 bis maximal 20%.
Geht es uns in Deutschland so gut oder arrangieren wir uns einfach mit dem Wohlstandsschwund?
Hauptursache für den Anstieg der Side Hustles in Amerika sind übrigens die steigenden Lebenshaltungskosten und der Wunsch nach finanzieller Stabilität.
Die Konjunkturlage ist in Deutschland noch schlechter als in den Staaten, die Reaktion darauf allerdings komplett anders. Während bei uns immer weniger Menschen unternehmerisch aktiv werden, setzen die Amerikaner darauf, mehrere Einkommensströme aufzubauen.
Woher kommt diese Lethargie?
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Hallo zusammen,
wieder einmal eine nachdenklich stimmende Episode. Danke!
Ich frage mich das schon seit geraumer Zeit: Warum wird man mitleidig angeschaut, wenn man nebenher noch Geld verdient? Weshalb sagen so viele Deutsche, sie hätten es nicht nötig, einem Nebenerwerb nachzugehen?
Ihr habt schon viele Punkte in Eurer Sendung genannt. Zu zwei Dingen, die angeklungen sind, möchte ich noch kurz meinen Senf dazugeben. Vielleicht ist es an der Zeit, die Dinge einmal von einer anderen Warte aus zu betrachten, etwas anarchistischer, aufmüpfiger, libertärer, punkiger.
1. Der Staat ist das Problem: Bürokratie, Abgaben, Steuern, Arbeitsrecht, Gesetzes- und Verordnungsdschungel. Klar, bleibt das ein Problem, wenn man alles so macht, wie es der Staat erwartet – und solange Geld fließt. Aber was, wenn für eure Leistungen kein Geld mehr fließt, sondern Gegenleistungen unter Freunden und entfernteren Bekannten? Was, wenn ihr anfangt, euch innerhalb eurer – noch zu vergrößernden – Netzwerke gegenseitig Gefallen zu erweisen? Was, wenn ihr zur Vergütung nicht staatlich monopolisierte Tauschmedien (Fiatgeld) nutzt? Wie wäre es z.B. mit Arbeitszeitkonten? Und was ist mit lokalen Währungen, die von verschiedenen Handwerkern, Läden etc. eurer Gemeinschaft akzeptiert werden?
Dieser Staat ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, seinen Bürgern das Leben schwer zu machen. Revanchiert Euch dafür: Seid einfallsreich, wehrt euch friedlich und kreativ! Beispiel gefällig? Ein befreundeter Handwerker hatte für ein Reisebüro etwas in Ordnung gebracht. Als Gegenleistung konnte er es sich eine Woche auf Teneriffa mit seiner Familie gut gehen lassen.
Das Problem mit dem Staat erinnert mich an vieles, was mir ältere ehemalige DDR-Bürger berichtet haben: Als das Arbeiter- und Bauernparadies immer repressiver wurde, da passten sich dessen Insassen eben an – sie wurden kreativ und haben das Beste aus der Situation gemacht. Warum sollte uns das heute nicht gelingen?
2. Unsere Einstellung als Mitglieder einer staatlich alimentierten Wohlstandsblase ist für Sidehustles zu verdorben: Jedes Schlaraffenland macht träge. In einer Vollkasko-Versicherten-Gemeinschaft fragt man sich, wozu mehr als 9 to 5 nötig sein sollte und wozu Arbeit knapp über Mindestlohn angesichts von Bürgergeld und anderen Zuwendungen überhaupt noch sinnvoll sein sollte. Dazu sei gewarnt: Jede Illusion fliegt irgendwann auf. Jede Irrfahrt auf dem Ticket eines Öko-Dirigismus ist irgendwann zu Ende – spätestens dann, wenn die Kohle alle ist. Wie schon Il Duce (Mussolini) erkennen musste, ist die Kooperation von Konzernen und dem Staat zur Wirtschafts- und Staatslenkung ein zweischneidiges Schwert. Denn die sozialen Verwerfungen, die mit der faschistischen Säuberung von Gesellschaften einhergehen, dürften dramatisch werden. Da empfiehlt es sich, sein Leben auf eine breitere Basis als das Angestellten-Verhältnis aufzubauen. Nur wer diversifiziert, läuft nicht am Ende Gefahr, jede staatlich orchestrierte Irrfahrt mitmachen zu müssen. Zu krass formuliert? Zu schwarzmalerisch? Zu defätistisch? Wer das meint, kann ja weiter schlafen. Allen anderen sei zugerufen: Punk is not dead!
Es grüßt
Mirko
Vielen Dank für deinen scharfen Senf, lieber Mirko! 🙂
Diversifikation, Tauschhandel und Kreativität sind alles Stichwörter, die runtergehen wie Butter. Und vielleicht sollten wir die Leute einfach mal darauf ansprechen, warum sie uns als Side Hustler so mitleidig anschauen. Haben sie es wirklich „nicht nötig“ oder haben sie es sich nur in einer „Wir sind ein reiches Land“-Bubble bequem gemacht?
Danke für Euren Podcast!
Entweder ich starte ein side hustle oder eben nicht. Wenn viele Leute voller Bedenken sind und erst gar nicht den Versuch unternehmen, ein Nebengewerbe zu etablieren, dann liegt das m.E. nicht an bürokratischen Hürden, sondern an den Leuten selbst, die als Gesellschaft betrachtet, die Entwicklung des heutigen Staatsapparates erst ermöglichten und ermöglichen.
Ohne Überzeugung und wirklichen Drive wird man wohl zum Angestellten-Dasein verdammt bleiben. Dem Staat den schwarzen Peter zuzuschieben, wäre mir da zu billig. Ich verschließe nicht die Augen vor der Bürokratie, nur Widerstände wird es immer geben. Die Unpopularität von side hustles hierzulande könnte eher mit
– einem immer noch krassen Wohlstand,
– einer evtl. damit einhergehenden Lethargie und
– dem Gefühl der Ohnmacht vieler, die weniger Wohlstand haben,
zusammenhängen. Vielleicht fehlt auch das Wissen um Möglichkeiten.
Vielen Dank für deinen Kommentar, Niko!
Was mich nachdenklich gestimmt hat, ist deine These, dass wir als Gesellschaft den Staatsapparat in dieser Form erst möglich gemacht haben. Im Grunde also: Wenn wir nicht individuell so bürokratisch und – ich möchte hinzufügen – neidisch wären, gäbe es auch nicht so viel Bürokratie. Sehr interessanter Gedanke!